Gesundheit

Silymarin – Wirkung für Magen, Darm und Leber

Silymarin

Die Mariendistel (Silybum marianum) ist eine der wichtigsten Heilpflanzen, die von Naturheilärzten und Heilpraktikern bei der Behandlung unterschiedlicher Erkrankungen eingesetzt wird. Auch die Homöopathie kennt diese vielseitige Pflanze unter der Bezeichnung Carduus marianus. Ursprünglich im Mittelmeerraum beheimatet, diente die Mariendistel in der Antike vor allem trinkfreudigen Römern als Mittel zur Leberentgiftung nach einem Alkoholexzess.

Der Name der Heilpflanze geht auf die Gottesmutter zurück. Eine Legende besagt, dass Maria ihren Sohn Jesus neben einer Mariendistel stillte. Dabei tropfte etwas Muttermilch auf die Blätter, die seitdem eine weiß gemusterte Oberfläche aufweisen. Die Überlieferung beweist, was für eine große Bedeutung dieser Pflanze schon in früheren Zeiten beigemessen wurde.

Was ist Silymarin?

Bei Silymarin handelt es sich um einen Naturstoffkomplex aus verschiedenen Leber schützenden Substanzen, die hauptsächlich in der Mariendistel vorkommen. Die Pflanze gehört zu den Korbblütlern und ist im Volksmund auch unter der Bezeichnung Silberdistel, Milchdistel oder Frauendistel bekannt.

Die Naturheilkunde verwendet vor allem Trockenextrakte aus Mariendistelfrüchten. Um aus einer Heilpflanze ein wirksames Medikament herzustellen, müssen zunächst die Inhaltsstoffe aus den getrockneten Pflanzenteilen herausgelöst werden. Das geschieht mithilfe von sogenannten Auszugsmitteln.

Arzneimittelhersteller setzen häufig ein genau festgelegtes Gemisch aus Alkohol (Ethanol) und Wasser ein, das die gewünschte Menge der relevanten Wirkstoffe aufnimmt. In einem zweiten Schritt wird das Auszugsmittel bis auf eine erlaubte Menge wieder entzogen. Übrig bleibt der Trockenextrakt, der zu Tabletten, Kapseln oder Tropfen weiterverarbeitet werden kann.

Bei Heilpflanzen, deren wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe genau bekannt sind, erfolgt eine zusätzliche Standardisierung des Trockenextrakts. Bei Mariendistelfrüchte-Extrakten werden bestimmte Hilfsstoffe hinzugefügt, bis der Silymaringehalt einem definierten Wert entspricht1.

Das Wirkstoffgemisch Silymarin besteht aus drei verschiedenen Hauptkomponenten: Silibinin, Silydianin und Silychristin. Silibinin, der biologisch wirksamste Bestandteil, setzt sich aus einem 1:1 Gemisch von Silybin A und Silybin B zusammen2.

Die Wirkstoffe in Silymarin

  • stärken die körpereigene Abwehr3
  • sind potente Mittel gegen Viren4
  • haben einen entzündungshemmenden Effekt
  • wirken als Antioxidantien und fangen freie Radikale ab5

Antioxidantien6 stellen im menschlichen Körper effektive Gegenspieler der freien Radikale7 dar. Bei den freien Radikalen handelt es sich um hochreaktive Verbindungen, die für den sogenannten oxidativen Stress sorgen. Unter anderem bewirken sie den Alterungsprozess und schädigen gesunde Zellen. Antioxidantien sind in der Lage, diese gefährliche Bedrohung zu neutralisieren.

Bei welchen Krankheiten ist Silymarin hilfreich?

Extrakte aus Mariendistelfrüchten helfen bei Beschwerden der Verdauungsorgane und besitzen eine schützende Wirkung auf Magen, Darm und Leber. Die traditionelle Volksmedizin verwendet die Samen der Mariendistel bei Krampfadern, Geschwüren an den Beinen, Erkrankungen der Gebärmutter, Migräne und Kopfschmerzen, Problemen der Milz sowie der Behandlung von Malaria.

Naturheilärzte setzen Mariendistelfrüchte seit Langem erfolgreich bei einem Reizmagen8 (funktionelle Dyspepsie) ein. Zu den Symptomen der Erkrankung zählen Völlegefühl, Bauchschmerzen, Sodbrennen, Blähungen, Übelkeit sowie ein Druck in der Magengegend.

Mariendistel – „Meisterin des Blutflusses“, die den Körper entgiftet und die Leber beschützt.Die Meisterkräutertherapie von Wolfgang Schröder

Silymarin bei Lebererkrankungen

In der Naturheilkunde dienen Mariendistelpräparate vor allem der Stärkung und Entgiftung der Leber. Bei vielen chronischen Krankheiten liegt eine Leberschwäche vor, die zuerst beseitigt werden muss. Vor einer Darmsanierung beispielsweise sorgt ein guter Heilpraktiker deshalb immer für eine Leberaktivierung.

Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge haben die wirksamen Inhaltsstoffe der Mariendistel einen schützenden Effekt auf die Leber. Verantwortlich ist vor allem Silymarin aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften. Es

  • stabilisiert die äußeren Hüllen der Leberzellen (Zellmembranen),
  • dient als Radikalfänger,
  • stimuliert die Regeneration von Leberzellen, indem es die Neubildung der körpereigenen Eiweißstoffe (Proteinbiosynthese) unterstützt9.

Darüber hinaus verbessert Silymarin die Entgiftungsleistung der Leber und verhindert eine Schädigung dieses wichtigen Organs durch belastende Stoffe wie Alkohol oder bestimmte Medikamente.

Die Wirksamkeit von Silymarin konnte in klinischen Studien zum Teil bestätigt werden. Der Behandlungserfolg hängt vor allem davon ab, welche Ursache einer Leberschädigung zugrunde liegt. Bei einer Knollenblätterpilzvergiftung verhindert der frühzeitige Einsatz des Medikaments den Ausfall der Leber und bewahrt den Patienten vor einer Organtransplantation10.

Bei alkoholbedingter Leberschädigung11, nicht-alkoholbedingter Fettleber12 (NASH) sowie einer chronischen Hepatitis B13 sorgt Silymarin für eine Verbesserung der Leberwerte. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass sich bei Hepatitis-C-Patienten die Leberenzyme nicht durch Präparate aus Mariendistelfrüchten beeinflussen lassen14,15.

Neuere Ergebnisse lassen vermuten, dass Silymarintrockenextrakte bei Darmkrebs das Tumorwachstum verlangsamen16 und die Bildung von Metastasen hemmen oder sogar verhindern17. Damit zählt Silymarin zu den krebsvorbeugenden Mitteln.

Silymarinextrakte werden aufgrund ihre leberschützenden- und stärkenden Eigenschaften auch zunehmend im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt. Lesen Sie dazu auch unseren Erfahrungsbericht zu Clean Body Restart.

Darreichungsformen von Silymarin

Die einfachste Möglichkeit, die Inhaltsstoffe der Mariendistel einzunehmen, ist der Teeaufguss. Die getrockneten und zerstoßenen Mariendistelfrüchte werden mit heißem Wasser übergossen. Anschließend lässt man den Tee für 10 bis 20 Minuten ziehen.

Silymarin löst sich bei dieser Zubereitung nur wenig im Wasser. Der Mariendisteltee ist deshalb für eine Behandlung von Lebererkrankungen nicht geeignet18. Gegen Verdauungsbeschwerden kann er allerdings helfen.

In Apotheken, Drogerien und Supermärkten werden Fertigpräparate aus Mariendistelfrüchten als Kapseln, Tropfen, Dragees oder Tabletten angeboten. Viele dieser Mittel enthalten viel zu geringe Silymarinmengen und sind deshalb wirkungslos.

Das am besten in wissenschaftlichen Studien dokumentierte Präparat trägt den Markennamen Legalon und wird von der deutschen Firma Madaus hergestellt. Als Anwendungsgebiete sind im Beipackzettel19 aufgeführt: Leberzirrhose, chronisch-entzündliche Lebererkrankungen sowie Leberschäden, die durch Lebergifte entstanden sind. Der standardisierte Trockenextrakt wird in Form von Hartkapseln eingenommen. Die von Ärzten und Heilpraktikern empfohlene Dosierung beträgt in der Regel zwischen 200 und 400 Milligramm Silymarin pro Tag.

Neben der Kapselform ist Legalon SIL als Pulver erhältlich20. Bei diesem Präparat handelt es sich um eine Infusion, die in der Arztpraxis zubereitet und verabreicht wird. Legalon SIL kommt vor allem als effektives Gegengift bei Knollenblätterpilzvergiftungen zum Einsatz.

Silymarin ist für die meisten Patienten gut verträglich. Bei einer höheren Dosierung kommt es allerdings gelegentlich zu Magen-Darm-Beschwerden. Dazu zählen Übelkeit und ein dünnflüssiger Stuhl.

Zusätzlich können Überempfindlichkeitsreaktionen wie Atemnot, Juckreiz und Hautausschlag auftreten. In diesem Fall muss das Medikament sofort abgesetzt werden. Wer allergisch auf Korbblütler reagiert, sollte vor der Einnahme des Präparats unbedingt mit einem Arzt Rücksprache halten.

Wirkt Silymarin überhaupt in Kapselform?

In einer großen amerikanischen Studie, die in der angesehenen Fachzeitschrift The Journal of the American Medical Association (JAMA), veröffentlicht wurde, erwies sich Legalon forte bei Hepatitis C als wirkungslos. Genauer gesagt war das Medikament nicht in der Lage, bei den betroffenen Patienten bestimmte Leberenzyme (Alanin-Aminotransferasen) im Blut auf den Normalwert zu senken. Zum Einsatz kamen Hartkapseln in einer täglichen Dosierung von 420 beziehungsweise 720 Milligramm Silymarin, die über einen Zeitraum von 24 Wochen eingenommen werden mussten.

Der Hersteller Madaus kritisierte in einer Stellungnahme21 das Studiendesign und wies darauf hin, dass die Anwendungsdauer viel zu kurz war, um überzeugende Ergebnisse zu erhalten. Das Ziel einer deutlichen Senkung der Leberenzyme sei darüber hinaus unrealistisch und hätte eine medizinische Sensation bedeutet. Alle erfolgreichen wissenschaftlichen Studien, die eine Wirksamkeit von Silymarin zeigen, wurden nicht mit Kapseln, sondern mit Legalon SIL in Form einer Infusion durchgeführt.

Warum gibt es große Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen Kapseln und Infusionen?

In diesem Zusammenhang erwähnen Fachleute häufig die schlechte Bioverfügbarkeit der Inhaltsstoffe aus Mariendistelfrüchten. Die Bioverfügbarkeit bezeichnet den Anteil eines Medikaments, der im Darm aufgenommen wird und unverändert in den Blutkreislauf gelangt.

Die Silymarinmenge, die nach der Einnahme der Kapseln in der Leber ihre Wirkung entfalten kann, scheint zu gering zu sein, um eine messbare Beeinflussung der Leberwerte zu bewirken. Das bedeutet allerdings nicht, dass die orale Gabe von Mariendistelfrüchte-Extrakten sinnlos ist. Die positive Wirkung der Heilpflanze auf die Leber gilt in der Naturheilkunde als unumstritten. Sie lässt sich jedoch nicht unbedingt mit den Methoden der Schulmedizin beweisen.

Fazit

Die Mariendistel ist bereits seit langer Zeit als Heilpflanze für die Leber bekannt. Silymarin, der wichtigste Inhaltsstoff aus den Pflanzensamen, zählt zu den wissenschaftlich gut erforschten pharmazeutischen Wirkstoffen. Die Hauptwirkung besteht in der Bekämpfung freier Radikale, der Förderung der Leberregeneration sowie dem Schutz von Leberzellen vor giftigen Stoffen.

Die bisher veröffentlichten Studien weisen die Wirksamkeit von Silymarin bei zahlreichen Lebererkrankungen nach. Untersuchungen von Patienten mit Leberentzündung (Hepatitis B), alkoholbedingter Leberschädigung und Leberverfettung zeigen, dass die Krankheiten durch die Behandlung mit Mariendistelfrüchte-Extrakten nicht weiter fortschreiten und eine Regeneration der Leber möglich ist.

Silymarin stellt das bisher einzige pflanzliche Medikament dar, das in der Lage ist, effektiv Leberzellen zu erneuern.

Quellenverzeichnis

[1] http://www.docjones.de/ratgeber/qualitaet-pflanzlicher-wirkstoffe/qualitaet-pflanzlicher-wirkstoffe-herstellung
[2] https://www.tk.de/techniker/service/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/alternativ-heilen/-heilpflanzen-a-z-2016334
[3] Gharagozloo M., et al., https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23624215 , Immunomodulatory effects of silymarin in patients with β-thalassemia major. Int. Immunopharmacol. 2013 Jun; 16(2): 243-247.
[4] Ferenci P., et al., http://www.gastrojournal.org/article/S0016-5085(08)01412-1/pdf , Silibinin is a potent antiviral agent in patients with chronic hepatitis C not responding to pegylated interferon/ribavirin therapy. Gastroenterology 2008 Nov; 135(5): 1561-1567.
[5] Reddy, K.R., https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3104142/ , Silymarin for the Treatment of Chronic Liver Disease. Gastroenterol. Hepatol. 2007 Nov; 3(11): 825-826.
[6] https://www.drreinwald.de/index.php?id=755
[7] http://www.diegesundheitsseite.de/versorgung/antioxidantien/freieradikale
[8] https://www.iberogast.de/beschwerden/reizmagen/
[9] Loguercio C. and Festi D., https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3098397/ , Silybin and the liver: from basic research to clinical practice, World J. Gastroenterol. 2011 May 14; 17(18): 2288-2301.
[10] Ganzert M.et al., https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18946850 , Amanita poisoning–comparison of silibinin with a combination of silibinin and penicillin. Dtsch. Med. Wochenschr. 2008 Oct; 133(44): 2261-2267.
[11] Saller R., et al., https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18334810 , An updated systematic review with meta-analysis for the clinical evidence of silymarin. Forsch. Komplementärmed. 2008; 15(1): 9–20.
[12] Cacciapuoti F. et al., https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23556042 , Silymarin in non alcoholic fatty liver disease. World J. Hepatol. 2013 Mar 27; 5(3): 109-113.
[13] Wei F. et al., https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmedhealth/PMH0067536/ , Meta-analysis: silymarin and its combination therapy for the treatment of chronic hepatitis B. European Journal of Clinical Microbiology and Infectious Diseases 2013; 32(5): 657-669.
[14] Fried M.W. et al., https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22797645 , Effect of silymarin (milk thistle) on liver disease in patients with chronic hepatitis C unsuccessfully treated with interferon therapy: a randomized controlled trial. JAMA 2012 Jul 18; 308(3): 274-282.
[15] Pár A. et al., https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19103558 , Effects of supplementation with the antioxidant flavonoid, silymarin, in chronic hepatitis C patients treated with peg-interferon + ribavirin. A placebo-controlled double blind study. Orv. Hetil. 2009 Jan 11; 150(2): 73-79.
[16] University of Colorado Denver, https://www.sciencedaily.com/releases/2015/04/150420144350.htm , Oral milk thistle extract stops colorectal cancer stem cells from growing tumors. ScienceDaily, 20 April 2015.
[17] Deep, G. and Agarwal R., https://link.springer.com/article/10.1007/s10555-010-9237-0 , Antimetastatic efficacy of silibinin: molecular mechanisms and therapeutic potential against cancer. Cancer and Metastasis Reviews 2010 Sep; 29(3): 447-463.
[18] http://www.apotheken-umschau.de/heilpflanzen/mariendistel
[19] http://www.apotheken-umschau.de/Medikamente/Beipackzettel/Legalon-forte-Madaus-Kapseln-4257859.html
[20] https://medikamio.com/de-de/medikamente/legalon-sil/pil
[21] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2012/daz-30-2012/orales-silymarin-in-studie-erfolglos

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Über den Autor
Dr. Jochen G. Opitz

Dr. Jochen G. Opitz ist Biochemiker, Doktor der Naturwissenschaften und arbeitet seit 18 Jahren als Heilpraktiker in eigener Praxis. Durch seine Ausbildung und Erfahrung schreibt er für unsere Leser sowohl aus Sicht der Naturheilkunde als auch der westlichen Medizin. Mehr Informationen zu unseren Autoren finden Sie auf der Seite Über uns
Wenn Sie Fragen an Dr. Jochen G. Opitz haben, kontaktieren Sie ihn bitte unter dieser E-Mail Adresse

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