Ernährung Familie

Warum brauchen Kinder Vitamin A?

Vitamin A für Kinder

Ein Mangel an Vitamin A kommt nicht nur in Ländern der Dritten Welt vor, sondern auch in Deutschland. Die Nationale Verzehrstudie II des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrauerschutz (Max Rubner-Institut) enthüllte, dass mehr als ein Viertel aller Kinder nicht genügend Vitamin A mit der Nahrung aufnimmt.

Da der wertvolle Nährstoff bei der Entwicklung der Kinder eine zentrale Rolle spielt, ist das Ergebnis alarmierend.

Was ist Vitamin A?

Für den menschlichen Organismus gehört Vitamin A zu den vielseitigsten und bedeutendsten Naturstoffen. Es handelt sich dabei nicht – wie der Name vermuten lässt – um ein genau definiertes Molekül. Biochemiker verstehen unter dem Begriff Vitamin A eine Gruppe fettlöslicher Stoffe, die sich in ihrem Aufbau ähneln und von unserem Körper nicht selbst produziert werden können.

Die wichtigsten Vertreter sind Retinol und seine Abkömmlinge Retinal, Retinsäure sowie Retinylpalmitat. Unser Organismus kann durch enzymatische Reaktionen fast alle dieser Biomoleküle ineinander überführen. Enzyme stellen körpereigene Katalysatoren dar, die chemische Reaktionen unterstützen.

Hinzu kommen Carotine wie Alpha-Carotin, Beta-Carotin und Beta-Cryptoxanthin. Diese Verbindungen tragen auch die Bezeichnung Provitamin A, da sie sich mithilfe des Enzyms BMO (Beta-Carotin-15,15′-Monooxygenase) in Retinal umwandeln lassen.

In pflanzlichen Lebensmitteln ist Provitamin A vor allem in Form von Beta-Carotin enthalten. Gute Nährstoff-Lieferanten sind Gemüse und Salate. Dazu zählen Karotte, Süßkartoffel, Grünkohl und Spinat. Orange-rote und gelbe Obstsorten wie Honigmelone, Kürbis und getrocknete Aprikosen liefern ebenfalls größere Mengen an Beta-Carotin.

Vitamin A Lebensmittel
Tierische Produkte verfügen bereits über das biologisch aktive Molekül Retinol. Vor allem Lebertran, Fisch und Leber gelten als ausgezeichnete Quellen. Um den Vitamin-A-Gehalt in Milligramm (mg) von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln direkt vergleichen zu können, haben Ernährungswissenschaftler den Begriff Retinol-Äquivalente () eingeführt.

Der Zusammenhang zwischen Retinol-Äquivalenten und der entsprechenden Menge an Retinol beziehungsweise Beta-Carotin in internationalen Einheiten (IE) lautet:

1 mg RÄ = 1 mg Retinol (3.300 IE) = 6 mg Beta-Carotin (10.000 IE)

Welche Rolle spielt Vitamin A im menschlichen Körper?

Vitamin A nimmt an zahlreichen biochemischen Prozessen teil. Bei Kindern ist eine gute Versorgung entscheidend für das Wachstum und die geistige Entwicklung1 2. Zahlreiche Studien weisen einen maßgeblichen Einfluss des wertvollen Nährstoffs auf das Zellwachstum, den Knochenaufbau sowie den Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fettstoffwechsel nach3 4 5.

Anhand eines Tiermodells zeigten Wissenschaftler, dass Vitamin A eine große Bedeutung für die Gedächtnisleistung, das Lernen und andere Funktionen des Gehirns besitzt6. Das vielseitige Biomolekül hat eine herausragende Bedeutung in Zusammenhang mit den körpereigenen Abwehrkräften. Es unterstützt das angeborene sowie das erworbene Immunsystem und sorgt dafür, dass Entzündungsreaktionen nicht unkontrolliert ablaufen7 8.

In Tierstudien konnten Forscher nachweisen, dass Vitamin A eine Schlüsselrolle beim Sehvorgang spielt9. Bei einem Mangel treten deshalb als erste Anzeichen häufig Nachtblindheit und sonstige Sehstörungen auf.

Vitamin-A-Mangel bei Kindern

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt sogenannte Referenzwerte für die tägliche Zufuhr von Retinol und Beta-Carotin an10. In der folgenden Aufzählung sind altersabhängige Zahlenwerte aufgeführt, die sich auf die notwendige Verzehrmenge an Retinoläquivalenten beziehen. Um einem Vitamin-A-Mangel vorzubeugen, muss ein Kind zwischen 10 und 13 Jahren täglich mindestens 0,9 mg Retinol aus Fleischprodukten oder 5,4 mg Beta-Carotin aus pflanzlicher Nahrung aufnehmen.

Referenzwerte für Vitamin A in Abhängigkeit vom Lebensalter

  • 1 bis 6 Jahre: 0,6 mg
  • 4 bis 7 Jahre: 0,7 mg
  • 7 bis 10 Jahre: 0,8 mg
  • 10 bis 13 Jahre: 0,9 mg
  • 13 bis 15 Jahre: 1,1 mg (Jungen), 1 mg (Mädchen)
  • 15 bis 18 Jahre: 1,1 mg (Jungen), 0,9 mg (Mädchen)
  • Erwachsene: 1 mg (Männer), 0,8 mg (Frauen)

Im Jahr 2008 führte das Max Rubner-Institut eine repräsentative Umfrage mit 20.000 Teilnehmern zwischen 14 und 80 Jahren in Deutschland, Österreich sowie der Schweiz durch. Das Essverhalten der Befragten während eines Jahres wurde im Rahmen der Nationalen Verzehrstudie II ausgewertet.

Das Ergebnis überraschte die Wissenschaftler: 14,8 Prozent der Männer und 10,3 Prozent der Frauen weisen in deutschsprachigen Ländern ein Defizit an Vitamin A auf. Bei den Kindern sieht die Situation noch schlechter aus. 29 Prozent der Jungen sowie 25,4 Prozent der Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren erreichen nicht die vorgeschriebenen Referenzwerte für Vitamin A11.

Die Gründe für die Unterversorgung sind vielfältig. Eine wesentliche Rolle spielt eine vitalstoffarme, unausgewogene Ernährungsweise, die in unserer modernen Gesellschaft weit verbreitet ist. Darüber hinaus haben viele Menschen durch Stress oder chronische Krankheiten einen erhöhten Vitalstoffbedarf.

Wie lässt sich ein Mangel an Vitamin A vermeiden?

Eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung mit viel Fisch, Obst und Gemüse beugt einerseits einer Mangelsituation vor, kann aber auch ein Defizit schnell beheben. Um den Tagesbedarf an Vitamin A zu decken, genügen unter anderem:

  • 3 g Schweineleber
  • 12 g grobe Leberwurst
  • 70 g Karotten
  • 100 g Aal
  • 120 g Grünkohl
  • 130 g Spinat
  • 130 g Honigmelone
  • 150 g Feldsalat
  • 220 g Thunfisch

Bei der Berechnung der Lebensmittelmengen12 in Gramm (g) wurde ein Tagesbedarf von 1 mg Retinoläquivalente zugrunde gelegt.

Da unser Körper Vitamin A hervorragend speichern kann, reicht im Monat eine Mahlzeit mit 100 Gramm Schweine- oder Rinderleber. Vegetarier und Veganer, die nicht regelmäßig Möhren verzehren, nehmen oft zu wenig Beta-Carotin auf. Um einen Mangel zu verhindern, empfiehlt es sich, mehrmals in der Woche ein Glas Karottensaft zu trinken und häufig frische Blattsalate zu essen.

Als Alternative bieten sich Vitamin-A-haltige Nahrungsergänzungsmittel an. Die maximale tägliche Verzehrmenge wurde von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgelegt. Sie beträgt für Erwachsene 3 mg, für Kinder von 11 bis 14 Jahren 2 mg und für Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren 2,6 mg Retinoläquivalente13.

Fazit

Da Vitamin A an einer Vielzahl biochemischer Prozesse im menschlichen Organismus beteiligt ist, hat ein Defizit besonders für unsere Kleinen schwerwiegende Folgen. Wenn Kinder und Jugendliche keine ausreichenden Mengen des lebenswichtigen Vitalstoffs mit der Nahrung aufnehmen, verzögert sich die körperliche Entwicklung.

Darüber hinaus können auch die geistigen Fähigkeiten hinter denen der Schulkameraden zurückbleiben. Der regelmäßige Verzehr von Leber, Thunfisch oder Möhren wirkt einem Vitamin-A-Mangel entgegen und schafft optimale Voraussetzungen für Gesundheit und Wohlbefinden.

Quellenverzeichnis

[1] Ross AC, Gardner EM. The function of vitamin A in cellular growth and differentiation, and its roles during pregnancy and lactation. Adv Exp Med Biol. 1994;352:187-200.
[2] Maden M. The role of retinoic acid in embryonic and post-embryonic development. Proc Nutr Soc. 2000 Feb;59(1):65-73.
[3] Gudas LJ, Wagner JA. Retinoids regulate stem cell differentiation. J Cell Physiol. 2011 Feb;226(2):322-30.
[4] Dickson IR et al. Vitamin A and bone formation. Different responses to retinol and retinoic acid of chick bone cells in organ culture. Biochim Biophys Acta. 1989 Oct 9;1013(3):254-8.
[5] Chen W, Chen G. The Roles of Vitamin A in the Regulation of Carbohydrate, Lipid, and Protein Metabolism. J Clin Med. 2014 Jun; 3(2): 453-79.
[6] Olson CR, Mello CV. Significance of vitamin A to brain function, behavior and learning. Mol Nutr Food Res. 2010 Apr; 54(4): 489–495.
[7] Cassani B et al. Vitamin A and immune regulation: role of retinoic acid in gut-associated dendritic cell education, immune protection and tolerance. Mol Aspects Med. 2012 Feb;33(1):63-76.
[8] Reifen R. Vitamin A as an anti-inflammatory agent. Proc Nutr Soc. 2002 Aug;61(3):397-400.
[9] von Lintig J. Metabolism of carotenoids and retinoids related to vision. J Biol Chem. 2012 Jan 13;287(3):1627-34.
[10] https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-a-b-carotin/
[11] Max Rubner-Institut. Ergebnisbericht Teil 2 Nationale Verzehrstudie II. 2008: Tab. A. 34, Seite 245.
[12] http://www.vitalstoff-lexikon.de/Vitamine-A-C-D-E-K/Vitamin-A/Lebensmittel.html
[13] European food safety authority. Tolerable Upper Intake Levels for Vitamins and Minerals. 2006: S. 163.

Diesen Beitrag teilen
Über den Autor
Dr. Jochen G. Opitz

Dr. Jochen G. Opitz ist Biochemiker, Doktor der Naturwissenschaften und arbeitet seit 18 Jahren als Heilpraktiker in eigener Praxis. Durch seine Ausbildung und Erfahrung schreibt er für unsere Leser sowohl aus Sicht der Naturheilkunde als auch der westlichen Medizin. Mehr Informationen zu unseren Autoren finden Sie auf der Seite Über uns
Wenn Sie Fragen an Dr. Jochen G. Opitz haben, kontaktieren Sie ihn bitte unter dieser E-Mail Adresse

Artikel Optionen
Erklärungen

Symptome

Hintergrundwissen

westliche Medizin

alternative Heilkunde

Hausmittel

Ernährung

* = Affiliatelink
Durch Klick auf diesen Link werden Sie zum Angebot auf einer Partnerseite weitergeleitet. Beim Kauf erhalten wir eine Provision. Der Preis ändert sich weder negativ noch positiv für Sie.