Familie

Darmsanierung bei Kindern – wie geht das?

Darmsanierung bei Kindern

Zahlreiche Kinder haben heutzutage Probleme mit dem Darm. Da sich die Symptome nicht immer eindeutig dem Verdauungstrakt zuordnen lassen, bleiben die Zusammenhänge oft verborgen.

Eine Darmsanierung kann dazu beitragen, die tiefer liegenden Ursachen von Krankheiten zu beseitigen und das Gesundheitspotenzial des Kindes zu erhöhen. In vielen Fällen treten auch die typischen Wehwehchen nicht mehr so häufig auf, die den Eltern nachts den Schlaf rauben.

Ein fitter Darm ist die Voraussetzung für ein gesundes Leben

Bereits im antiken Griechenland wussten die Ärzte, dass zahlreiche Krankheiten ihren Ursprung in einem gestörten Gleichgewicht des Darms haben. Mit dem Siegeszug der westlichen Medizin geriet diese uralte Erkenntnis in Vergessenheit.

Der gesunde Darm ist die Wurzel aller Gesundheit.Hippokrates, 300 vor Christus

Dank der wachsenden Beliebtheit von Naturheilverfahren rückt die Darmgesundheit heutzutage wieder in das Blickfeld der Öffentlichkeit.

Die gesunde Darmflora

Im menschlichen Darm gibt es mehr Bakterien als die Gesamtmenge aller Körperzellen. Salopp ausgedrückt befinden wir uns im eigenen Körper in der Unterzahl. Die rund 100 Millionen Mikroorganismen, die als Darmflora bezeichnet werden, leben mit uns in Symbiose. Das bedeutet: Sowohl der Mensch als auch die Mikroben profitieren von der Kooperation.

Die Kleinstlebewesen nehmen sich ihren Anteil aus unserer täglichen Nahrung und produzieren im Gegenzug lebenswichtige Nähr- und Vitalstoffe. Darüber hinaus sind sie an der Entwicklung unserer körpereigenen Abwehrkräfte beteiligt. Der ständige Kontakt mit den natürlichen Darmbakterien trainiert das Immunsystem und erlaubt eine genaue Freund-Feind-Erkennung.

Störungen der Darmflora begünstigen die Ansiedlung schädlicher Bakterien und Pilze. Das Darmmilieu verändert sich und es kommt mit der Zeit zu Entzündungen der Darmwände. Als Komplikation droht eine erhöhte Durchlässigkeit des Darms, das sogenannte Leaky-Gut-Syndrom1.

Die Darmfehlbesiedlung (Dysbiose) mit ihren Folgen stellt bei Kindern die häufigste Ursache von Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten dar. Zur Behandlung von wiederkehrenden Durchfällen, Blähungen, Bauchschmerzen, Neurodermitis, Asthma oder Heuschnupfen lohnt sich der Aufbau einer gesunden Bakterienflora2.

Wie kommt es zu einer Beeinträchtigung der Darmflora bei Kindern?

Verschiedene Faktoren fördern die Zunahme schädlicher Mikroben im Darm. Häufig nehmen die Störungen mit der Geburt ihren Anfang. Wenn mit dem Einsetzen der Wehen die Fruchtblase platzt, beginnt die Besiedlung des kindlichen Verdauungstrakts mit den natürlichen Mikroorganismen der Mutter.

Bei der Passage durch den Geburtskanal ist das Baby den Bakterien der Vaginalflüssigkeit ausgesetzt. In der richtigen Geburtslage entsteht ebenfalls ein Kontakt mit dem Bakterienmix des Darms. Je nach Gesundheitszustand der Mutter wird dabei eine gesunde oder eine gestörte Darmflora auf das Neugeborene übertragen.

Kommt ein Kind per Kaiserschnitt auf die Welt, findet die Besiedlung mit den weiblichen Keimen nur eingeschränkt statt. Im Gegensatz zu natürlich Geborenen weisen diese Säuglinge eine wesentlich geringere Vielfalt an gesunden Bakterienstämmen auf3 4. Wenn die Mutter nicht stillt, wirkt sich das ebenfalls negativ auf die Bakterienflora des Neugeborenen aus.

Bei älteren Kindern ist die Hauptursache für Darmfehlbesiedlungen eine falsche Ernährung: Ballaststoffarme Nahrungsmittel, wenig Obst und Gemüse sowie ein hoher Anteil von Zucker, ungesunden Fetten und Weißmehlprodukten (Auszugsmehl5) begünstigen die Ansiedlung krankmachender Mikroorganismen. Ein großes Problem stellen Antibiotika-Behandlungen dar.

Heutzutage verschreiben die meisten Kinderärzte sofort Antibiotika, um Schmerzen und Entzündungen zu bekämpfen. Diese Medikamente haben einen dramatischen Effekt auf die Darmbakterien: Viele nützliche Bakterienstämme werden bei der Therapie abgetötet und machen Platz für weniger vorteilhafte Mikroben.

Wann lohnt sich eine Darmsanierung bei Kindern?

Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass der Einsatz von lebenden Mikroorganismen (Probiotika) in der Kindheit zum Aufbau einer gesunden Darmflora beiträgt. Gute Erfolge zeigen sich vor allem bei Magen-Darm-Infektionen, Durchfällen und Koliken. Darüber hinaus können probiotische Bakterien bei Kindern die Nebenwirkungen einer Antibiotika-Therapie vermindern und der Entstehung von Allergien vorbeugen.

Probiotika gegen Durchfall

Darmflora
Wissenschaftliche Untersuchungen weisen nach, dass die Gabe probiotischer Bakterien die Dauer von Durchfallerkrankungen bei Kindern deutlich verringern kann6. Darüber hinaus verhindert der Aufbau einer gesunden Darmflora das Risiko einer Ansteckung mit Rotaviren7.

Rotaviren sind für Babys und Kleinkinder gefährlich und gelten weltweit als häufigste Ursache von Durchfällen. Probiotika können Durchfall während einer Antibiotika-Behandlung positiv beeinflussen und diesen sogar verhindern8.

Darmsanierung bei Koliken

Beinahe ein Drittel aller Babys ist von krampfartigen Bauchschmerzen betroffen. Die regelmäßigen, oft stundenlangen Schreiphasen führen bei vielen Eltern zu Stress und Übermüdung. Während der ersten drei Lebensmonate zählen Koliken zu den Hauptgründen für einen Besuch beim Kinderarzt.

Die Schulmedizin kennt weder die genaue Ursache für die Beschwerden noch bietet sie eine wirksame Behandlung an. Wissenschaftliche Forschungsergebnisse zeigen, dass bei den betroffenen Säuglingen die Darmflora wesentlich weniger Laktobakterien enthält. Eine Darmsanierung kann deshalb bei gestillten und ungestillten Babys die Dauer der Schreiphasen deutlich verringern9 10.

Probiotika als Ergänzung bei wiederkehrenden Mittelohrentzündungen

Die akute Mittelohrentzündung gehört zu den häufigsten Erkrankungen von Kindern bis zum sechsten Lebensjahr. Vor allem Babys und Kleinkinder sind von den pulsierenden Schmerzen und dem Druckgefühl im Ohr betroffen. Üblicherweise setzen Ärzte Antibiotika ein, um die Symptome zu lindern.

In einer placebokontrollierten Doppelblindstudie konnten schwedische Forscher nachweisen, dass der Einsatz von Probiotika die Häufigkeit und das Ausmaß von Mittelohrentzündungen bei Kindern reduziert11.

Darmsanierung zur Vorbeugung von Allergie und Neurodermitis

Mehrere Studien belegen den positiven Einfluss von Probiotika auf die Entstehung von Neurodermitis und Allergien bei Kindern. Nehmen die zukünftigen Mütter während der Schwangerschaft ein Probiotikum ein, verringert sich das Risiko einer Neurodermitis um 49 Prozent12.

Eine wissenschaftliche Forschungsarbeit konnte zeigen, dass der Verzehr gesunder Darmbakterien zu einer Vermehrung von kurzkettigen Fettsäuren führt13. Wenn im Darm zu wenige dieser Biomoleküle vorhanden sind, besteht die Gefahr eines Leaky-Gut-Syndroms. Als Folge nimmt die Allergieneigung zu.

Darmsanierung für eine gesunde Entfaltung des Kindes

Eine aktuelle amerikanische Studie unterstreicht die Bedeutung der Darmflora für die körperliche und geistige Entwicklung von Neugeborenen. Natürliche Darmbakterien haben nicht nur einen wichtigen Einfluss auf das Nerven-, Hormon- und Immunsystem, sondern vermindern auch das Risiko einer Entstehung von Schizophrenie oder Autismus im späteren Leben14.

Darmsanierung bei Kindern – wie geht das praktisch?

Im Gegensatz zu Erwachsenen wird eine Darmsanierung bei Kindern mit Probiotika durchgeführt, ohne zuvor eine Reinigung des Darms vorzunehmen. Da die lieben Kleinen keine größeren Kapseln schlucken können, kommt als Darreichungsform ein Pulver infrage.

Gute Präparate für Kinder enthalten verschiedene Stämme lebender Bifido- und Laktobakterien, die sich im Darm ansiedeln. Besonders wichtig für die Darmflora sind Lactobacillus acidophilus und Lactobacillus reuteri.

Einsatz von Probiotika

Ein Elternteil sollte jeden Tag entsprechend der Dosierungsempfehlung des Herstellers das Probiotikum in Wasser oder Saft einrühren. Die üblicherweise verwendeten Bakterienstämme überleben die Magensäure am besten, wenn sie kurz vor dem Essen oder gemeinsam mit einer Mahlzeit eingenommen werden.

Anfangs können Probiotika Blähungen hervorrufen. In diesem Fall ist es empfehlenswert, mit einer niedrigeren Dosierung zu beginnen. Idealerweise steigern die Eltern den Verzehr so langsam, dass sie nach zwei Wochen die empfohlene Tagesdosis erreichen. Erhält das Kind gleichzeitig ein Antibiotikum, sollte bei der Einnahme ein Abstand von mindestens zwei Stunden eingehalten werden.

Die Anwendungsdauer richtet sich nach den zugrunde liegenden Beschwerden. In den meisten Fällen genügt es, das Probiotikum für ein bis zwei Monate zu verabreichen.

Weitere Maßnahmen zur Darmgesundheit

Neben der Darmsanierung ist es sinnvoll, die Ernährung so gut es geht umzustellen. Industriell verarbeitete Nahrung begünstigt die Ansiedlung krankmachender Keime. Problematische Lebens- und Genussmittel lassen sich leicht an den E-Nummern auf der Verpackung erkennen.

Vor allem Weißmehlprodukte, Zucker und Colagetränke sollten Kinder nur sparsam konsumieren. Ballaststoffreiche Lebensmittel und Präbiotika15 hingegen unterstützen den Aufbau einer gesunden Bakterienflora.

Folgende Nahrungsmittel sind für Kinder gut geeignet:

  • fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut
  • Vollkornprodukte aus Hafer und Roggen
  • Joghurt, Buttermilch oder Kefir
  • Hülsenfrüchte, Samen und Nüsse
  • Obst und Gemüse insbesondere Bananen, Papaya, Äpfel, Zwiebeln, Chicorée, Knoblauch sowie Wurzelgemüse

Fazit

Unser moderner Lebensstil mit Fast Food und verarbeiteter Industrienahrung führt zu einer Störung der Darmflora. Als Folge leiden heute oft bereits Kinder an chronischen Krankheiten. Der erste wichtige Behandlungsschritt ist eine Darmsanierung, um das Gleichgewicht im Körper wiederherzustellen.

Dadurch lassen sich auch häufige Erkrankungen wie Koliken, Durchfälle, Magen-Darm-Grippe, Mittelohrentzündung und Allergien positiv beeinflussen. Auf lange Sicht gewährleistet nur eine Ernährungsumstellung hin zu naturbelassenen, ballaststoffreichen Lebensmitteln die Gesunderhaltung des Darms.

Quellenverzeichnis

[1] https://reizdarm.one/erkrankungen/leaky-gut-syndrom-und-darmbarriere/
[2] Kuitunen M et al., https://www.jacionline.org/article/S0091-6749(08)02212-4/fulltext , Probiotics prevent IgE-associated allergy until age 5 years in cesarean-delivered children but not in the total cohort. The Journal of allergy and clinical immunology 2009 February;123(2):335-41.
[3] Biasucci G et al. Cesarean delivery may affect the early biodiversity of intestinal bacteria. J Nutr. 2008 Sep;138(9):1796S-1800S.
[4] Bisanz JE et al. Randomized Open-Label Pilot Study of the Influence of Probiotics and the Gut Microbiome on Toxic Metal Levels in Tanzanian Pregnant Women and School Children. mBio. 2014 Sep-Oct;5(5): e01580-14.
[5] http://www.getreidemuehlen.de/blog/mehltyp/2011/01/17/
[6] Wiley-Blackwell. Probiotics shorten diarrhea episodes, review suggests. ScienceDaily, 2010 November 10.
[7] Saavedra JM et al. Feeding of Bifidobacterium bifidum and Streptococcus thermophilus to infants in hospital for prevention of diarrhoea and shedding of rotavirus. Lancet 1994 Oct 15;344(8929):1046-9.
[8] Goldenberg JZ et al. Probiotics for the prevention of Clostridium difficile-associated diarrhea in adults and children. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Dec 19;12:CD006095.
[9] Savino F et al. Lactobacillus reuteri (American Type Culture Collection Strain 55730) versus simethicone in the treatment of infantile colic: a prospective randomized study. Pediatrics. 2007 Jan;119(1):e124-30.
[10] Savino F et al. Lactobacillus reuteri DSM 17938 in infantile colic: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Pediatrics. 2010 Sep;126(3):e526-33.
[11] Skovbjerg S et al. Spray bacteriotherapy decreases middle ear fluid in children with secretory otitis media. Archives of Disease in Childhood 2008 Sep;94(2):92-8.
[12] Dotterud CK et al. Probiotics in pregnant women to prevent allergic disease: a randomised, double-blind trial. Br J Dermatol. 2010 Sep;163(3):616-23.
[13] Kim HK et al. Probiotic supplementation influences faecal short chain fatty acids in infants at high risk for eczema. Beneficial Microbes 2015 November;6(6):1-8.
[14] Yang I et al. The Infant Microbiome: Implications for Infant Health and Neurocognitive Development. Nurs Res. 2016 Jan-Feb;65(1):76-88.
[15] https://www.oege.at/index.php/bildung-information/ernaehrung-von-a-z/1777-probiotika-und-praebiotika

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Über den Autor
Dr. Jochen G. Opitz

Dr. Jochen G. Opitz ist Biochemiker, Doktor der Naturwissenschaften und arbeitet seit 18 Jahren als Heilpraktiker in eigener Praxis. Durch seine Ausbildung und Erfahrung schreibt er für unsere Leser sowohl aus Sicht der Naturheilkunde als auch der westlichen Medizin. Mehr Informationen zu unseren Autoren finden Sie auf der Seite Über uns
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